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Workshop: Aktuelle Grabungsbefunde der Wormser Mikwe

Die Vorstellung und Interpretation der gegenwärtigen Befunde bei der laufenden Maßnahme war das Thema eines Workshops am 24. November 2023 im Tagungszentrum „Das Wormser“ und an der Grabungsstelle im Synagogenbezirk in Worms.
Sicherungsmaßnahmen im Badeschacht der Mikwe © GDKE, Landesdenkmalpflege J. Ernst
Sicherungsmaßnahmen im Badeschacht der Mikwe © GDKE, Landesdenkmalpflege J. Ernst

Das ehemalige jüdische Viertel im Bereich Hintere Judengasse, Synagogenplatz und Judengasse bilden insbesondere mit der Synagoge (1034), der Frauenschul (Gebetsraum für Frauen), dem Lehr- und Lernhaus (Jeschiwa), dem Synagogenvorhof, dem Synagogengarten und dem unterirdischen Ritualbad eine bauliche Gesamtanlage. Seit 2021 ist sie Teil des UNESCO-Weltkulturerbes SchUM-Stätten Speyer, Worms und Mainz. Die Mikwe datiert aus dem letzten Viertel des 12. Jahrhunderts und wurde im 19. Jahrhundert zeitweise aufgegeben. Nach der Wiederöffnung 1895 blieb sie bis zu ihrer Teilzerstörung in der Reichspogromnacht am 09./10. November 1938 in Betrieb. Im Zuge des Wiederaufbaus wurde das Ritualbad 1958/1959 wiederhergestellt.

Aufgrund des eindringenden Oberflächenwassers war jüngst eine Bodenabdichtung für die Mikwe vorgesehen. Um diese umsetzen zu können, musste zunächst die Grasnarbe entfernt werden. Das führte zu einer die Maßnahmen begleitenden Grabung, bei der erste Funde zum Vorschein kamen. Im Auftrag der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE) und unter der wissenschaftlichen Federführung von Archäologen der Forschungsstelle Kaiserpfalz Ingelheim fanden daraufhin Ausgrabungen im Synagogengarten statt, wobei der Untersuchungsbereich durch den Umfang der angedachten Maßnahme begrenzt wurde. Die gewonnenen Befunde gaben Anlass seitens der GDKE zu einem Workshop einzuladen, um mit den beteiligten Planern und Wissenschaftlern vor Ort sowie Fachleuten aus den Bereichen Judaistik, Mittelalterarchäologie, Denkmalpflege, Bauforschung, Geotechnik und Baugrundgeologie über die bisherigen Erkenntnisse und deren Interpretation sowie das daraus folgende weitere Vorgehen zu beraten.

Projektleiter Holger Grewe berichtete ausführlich über den aktuellen Stand der Kampagne und skizzierte die Befundsituation. Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt auf der Schicht des Hochmittelalters. Das Fundmaterial, das bislang nur teilweise gesichtet werden konnte, brachte unter anderem Keramik und Knochenmaterial des 10. bis 12. Jahrhunderts zu Tage. Mit vielen Fragen im Gepäck wurden die Befunde an der Ausgrabungsstelle im Synagogengarten in situ präsentiert und von den Teilnehmenden diskutiert. Im Anschluss wurden die frischen Eindrücke, Fragestellungen und vorhandenen Schwierigkeiten thematisch in drei Sektionen unterteilt und im Tagungszentrum „Das Wormser“ besprochen.

Hierbei wurden insbesondere die Schwerpunkte „Gründungsvorgänge und Bauprozesse“, „Funktion und Gebrauch“ sowie „Lage und Topografie der Kultbezirke“ in der Runde erörtert. Da eine Deutung der aufgefundenen Mauerwerks- und Gebäudestrukturen allein aus dem Befund heraus nicht durchweg möglich erscheint, kristallisierte sich die Notwendigkeit eines interdisziplinären Ansatzes unter Einbezug historischer Quellen für das weitere Vorgehen heraus. Das Grabungsteam wird die vielen Anregungen aus der Runde aufgreifen, in Einzelgesprächen mit den Fachwissenschaftlern weiter vertiefen und für den weiteren Fortgang der Arbeiten an der Mikwe fruchtbar machen.

Mirko Monschauer

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